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Projektberichte

12.12.2016
Theaterstück zum Reformationsjubiläum
N.N.-Theater geht mit Martin Luther auf Tournee und tritt auch in der Kartäuserkirche auf

„...ich fürchte nichts!“ Einer der bekanntesten Sprüche Martin Luthers liefert den Titel für ein Stück, welches das Kölner N.N.-Theater in Kooperation mit der Evangelischen Kirche im Rheinland im nächsten Jahr auf die Bühne bringen wird.

Regisseur Gregor Höppner (li.) entwickelt mit den Schauspielern Aischa-Lina Löbbert und Oliver Schnelker die Figuren des neuen Luther-Stücks

Es geht um eine spannende Zeit des Umbruchs mit komplexen religiösen und politischen Veränderungen, um Machtstreben, Ungerechtigkeit und Volksverdummung. Das N.N.-Theater, 1987 gegründet, ist dafür bekannt, klassische Vorlagen publikumsnah aufzubereiten – so das Ziel der „neuen Volksbühne Köln“. Dabei bleiben Stücke und Figuren immer erkennbar und werden nicht bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. Oft ist ein Augenzwinkern mit dabei, doch nie fehlt es an Substanz.

Zuerst kommt die „Strichfassung“
Für ihr neues Werk „...ich fürchte nichts!“ gab es als Projektionsfläche das historische Geschehen rund um Martin Luther, der jedoch nur einer von mehreren Protagonisten im Stück sein wird. Der hauseigene Theaterautor George Isherwood schrieb zum Jubiläum „500 Jahre Reformation“ eine Vorlage, der sich das Ensemble nun in einem gemeinsamen Prozess annähert. Diese sogenannte „Strichfassung“ gehe jetzt durch „die ganz normale N.N.-Mühle“ und sehe hinterher anders aus als die Vorlage, erklärt Schauspielerin Irene Schwarz.

Stimmungen, Emotionen und Orte
Seit Mitte November proben die Schauspielerinnen und Schauspieler mit Regisseur Gregor Höppner für das neue Luther-Stück. In Gruppen bastelt das Ensemble an der Theatervorlage, streicht Textstellen oder einzelne Figuren, spielt mit Stimmungen, Emotionen und Orten, versucht, sich der Zeit und ihren Protagonisten zu nähern und sie zu verstehen. Die Gemeinsamkeiten zwischen der historischen und der heutigen Zeit wird auf der Bühne nur in Anspielungen umgesetzt.

Zwischen mir und Gott
Als klar war, dass er in dem Stück mitspielt, deckte sich Schauspieler Oliver Schnelker mit Unmengen an Büchern und Videos über die Zeit der Reformation ein. Ihn hat es gepackt, er schwärmt über diese „spannende, abergläubische, aber auch hochmoderne und aktuelle Zeit, in der die Globalisierung anfing, aber trotzdem noch der reale Glaube an Satan vorherrschte und auch die große Angst der Menschen, die zum Ablasshandel führte.“ Evangelisch erzogen, kannte er nur ein paar Schlagworte über Luther. „Zwischen mir und Gott, da gibt es nichts mehr dazwischen, das fand ich einen ganz wichtigen Aspekt“, erzählt jetzt der Schauspieler.

Ambivalentes Verhältnis zu Martin Luther
Seine Schauspiel-Kollegin Aischa-Lina Löbbert hat ein ambivalentes Verhältnis zu Martin Luther. In ihrem familiären Umfeld wurde Luther als ein Mensch wahrgenommen, der für Obrigkeitshörigkeit stand, in der Schule wurde ihr Luther dagegen als Held präsentiert, der die Kirche reformieren wollte. Genau dazwischen hat sie ihren eigenen Zugang zu ihm gefunden: als einen Mensch mit guten und schlechten Seiten.

Gallionsfigur und Steinbruch für Generationen
Regisseur Gregor Höppner hat sich mit der Historie befasst und sich unter anderem die Frage gestellt: „Von wem wurde Luther aus welchen Beweggründen benutzt und zu einer Gallionsfigur gemacht, um daraus einen eigenen Nutzen zu ziehen?“ Die Unzufriedenheit mit der katholischen Kirche habe ja schon 100 Jahre zuvor in England begonnen, in Böhmen wurde zur selben Zeit der Priester und Theologe Jan Hus für seine reformatorischen Thesen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Auch Friedrich der Weise habe aus finanziellen Motiven heraus Martin Luther auf die Wartburg gebracht – und ihm damit wohl das Leben gerettet. Der Reformator ist laut Höppner, „eine Figur, die tatsächlich ein großer Steinbruch für viele Menschen und Generationen ist“.

Heilig und unheilig mit Live-Musik
Das kreative Ringen um die Ausgestaltung der Figuren des neuen Theaterstücks braucht Zeit: Noch sind die Rollen nicht konkret besetzt und neben den bekannten Protagonisten Jakob Fugger, Thomas Münzer, Katharina von Bora spielen auch Satan, entflohene Nonnen und kluge Küchenmädchen mit. Das alles bewerkstelligen zwei Schauspieler und zwei Schauspielerinnen. Nur ernst und historisch-theologisch wird es aber nicht werden: Wie bei allen N.N.-Stücken gibt es sicher wieder viel zu lachen, viel Musik und auch einige Überraschungen.

Respektlos und respektvoll
Genau diese typische N.N.-Mischung gefiel auch den Verantwortlichen der rheinischen Kirche, die das Theater auf ihrem eigenen Festival im Kölner Friedenspark erlebten, und die nun mit ihnen zusammenarbeiten. Irene Schwarz erinnert sich an die Begegnung: „Die waren sehr begeistert von der Atmosphäre und auch von unserem Spielstil, der relativ respektlos, respektlos und respektvoll ist, und heilig und unheilig.“

Besonderes Angebot für evangelische Chöre
Beim N.N.-Theater spielt auch die Musik, besonders Live-Musik, eine tragende Rolle und die wird natürlich auch beim Luther-Stück nicht fehlen. Das besondere Angebot ist diesmal, dass auch Chöre aus evangelischen Gemeinden bei der Theateraufführung mitmachen können. Dabei unterstützt und begleitet der Regisseur die Chöre selbst. Buchungstermine können direkt über das N.N.-Theater erfragt werden.

Im Oktober in der Kartäuserkirche
Die Premiere von „...ich fürchte nichts!“ ist am Freitag, 17. Februar 2017, in der Johanneskirche in Düsseldorf, danach geht’s mit etwa 80 Vorstellungen auf Tournee quer durch das gesamte Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland. In Köln kann man das Stück im Sommer auf dem N.N.-eigenen Festival im Friedenspark in der Kölner Südstadt erleben und am Sonntag, 1. Oktober 2017, in der Kartäuserkirche in der Kölner Südstadt. Und wer will, kann es auch noch selbst buchen ....

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„...ich fürchte nichts!“:
Musik: Bernd Kaftan
Regie: Gregor Höppner
Schauspieler: Oliver Schnelker, Michl Thorbecke, Aischa-Lina Löbbert, Irene Schwarz
E-Mail: kontakt(a)nntheater.de
www.nntheater.de
2012 erhielt das N.N.-Theater den Ehrentheaterpreis der Stadt Köln

Buchung des N.N.-Theaters über:
Projektleitung Reformationsjubiläum
der Evangelischen Kirche im Rheinland
Pfarrer Martin Engels
Telefon 0211/45 62-401
E-Mail: 2017@ekir.de
www.2017.ekir.de



Text: Jutta Hölscher
Foto(s): Jutta Hölscher