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Projektberichte

02.04.2017
Theater in der Trinitatiskirche
Zu Gast: Das inklusive Theaterensemble der Operwerkstatt am Rhein

Ein nklusive Theaterensemble der Opernwerkstatt am Rhein inszenierte in der Trinitatiskirche das multisensorische Stück „Vier Neue Testamente“. Mit einer besonderen Performance erweiterte das Ensemble der Opernwerkstatt am Rhein in der Trinitatiskirche die Kapitel des heiligen Buches: „Vier Neue Testamente“ fokussiert Teile der Bibel aus individueller Sicht.

Das Ensemble der Opernwerkstatt am Rhein begeisterte sein Publikum mit einer intensiven Performance über Sehnsucht, Lebenslust und Sinnlichkeit

Das Besondere am Werk sollte in Zeiten forcierter Inklusion nicht die Federführung der Regisseure mit Behinderungen, sondern die Verwirklichung eines Werkes sein, dass Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und Stärken zusammenführte. Dennoch dürfte die Herangehensweise, bei der nicht die Darsteller, sondern die agierenden Personen des Stücks mit Handicaps leben, selten so konsequent umgesetzt worden sein.

Elektrisierendes Spannungsfeld zwischen Akteuren, Regisseuren und Publikum
Mit der blinden Komponistin Sigrun Paschke, dem mit Down-Syndron geborenen Schauspieler Nico Randel, dem bipolaren Schauspieler und Lyriker Arno Wallraf sowie der sprachbehinderten Erziehungswissenschaftlerin und Autorin Kathrin Lemler fungierten vier Persönlichkeiten als künstlerische Leiterinnen und Leiter, die dem sehens-, hörens- und vor allem fühlenswerten Projekt ihren Rhythmus verliehen. Unterstützt von den praxiserfahrenen Dramaturgen Nadine Frensch, Katrin Mattila, Tracy E. Lord und Barbara Wegener führte die szenische Besetzung mit den Schauspielern Slim Weidenfeld, Joel Urch, Michael Schäfer, Alexandra Lowygina, Marie Dinger, Arzu Coruh, Klaus Beleczko und Aslan Aslan zu einem elektrisierenden Spannungsfeld zwischen Akteuren, Regisseuren und dem integrierten Publikum.

Modernes Theater mit unkonventionellen Ideen
Den vermeintlichen Schwächen der Behinderungen entgegneten Paschke, Randel, Wallraf und Lemler mit ausgeprägten Sinneseigenschaften wie Stille, Emotionalität, Bilderdichte, Kontraststärke oder Kommunikationsvermögen, so etwa bei „Jesus und die Samariterin“, bei der das Publikum Augenmasken tragend in vollkommener Dunkelheit dem Geschehen folgte. Auch die wahnwitzige Idee, Gott mittels eines gigantischen WLAN-Kabels zu einer direkten Aussprache über den Sinn des Lebens und dessen Ungerechtigkeiten zur Rede zu stellen, offenbarte sich als stringentes, modernes Theater, das im wahrsten Sinne des Wortes unkonventionelle Kommunikationswege ging.

Grenzen überwinden
Die insgesamt rund 80-minütige Produktion der Opernwerkstatt am Rhein, in Kooperation mit dem Kulturforum Alte Post Neuss, demonstrierte in der gut besuchten Trinitatiskirche, dass menschliche Grenzen mitunter spielend überwunden werden können, wenn alten Vorbehalten mit neuem Esprit begegnet wird. Informationen zu den Produktionen und Auftrittsterminen bietet die Webseite der Opernwerkstatt.



Text: Thomas Dahl
Foto(s): Opernwerkstatt am Rhein