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Projektberichte

15.10.2017
Festgottesdienst „500 Jahre Reformation – 50 Jahre Kreuzkirche“ in Kerpen-Horrem
Viele Veranstaltungen mit Musik, Geist, Kreativität und Witz – Superintendent Dr. Bernhard Seiger lädt zum Gedanken-Experiment ein

Premiere für Dr. Bernhard Seiger in der Horremer Kreuzkirche. Als der Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd sich erhoben hatte, um vor dem Altar die Predigt zu halten, intonierte der Horremer Kirchenmusiker Christoph Barth „My heart will go on“ an der Orgel. „Mit Musik von Celine Dion bin ich noch nie zu einer Predigt begleitet worden“, kommentierte Seiger den Hit aus dem Kinofilm „Titanic“ zum Vergnügen der zahlreichen Besucherinnen und Besuchern des Festgottesdienstes. Den feierte die Gemeinde unter dem Motto „500 Jahre Reformation – 50 Jahre Kreuzkirche“.

Superintendent Dr. Bernhard Seiger predigt zum Jubiläum der Horremer Kreuzkirche

„Es gibt ja zwei Arten, den 50. zu feiern“, hob der Superintendent an: „Die einen halten sich still und bedeckt. Sie möchten nicht, dass andere mitbekommen, dass ein runder Geburtstag ansteht. Manche verreisen sogar. Aber die anderen möchten feiern und laden Gäste ein. Sie stehen mitten im Leben und lieben den Trubel. Für sie kommt außer einem großen Fest gar nichts in Frage.“ Zu letzteren gehöre die Horremer Gemeinde, bilanzierte Seiger: „Es ist viel gefeiert worden in diesem Jahr.“ Als Beispiel nannte er die aufsehenerregende Radtour nach Wittenberg. Und viele Veranstaltungen mit „Musik, Geist, Kreativität und Witz“.

Guter Anlass für einen Rückblick
„Zur Feier von 500 Jahren Reformation habe ich natürlich keine Familiengeschichte“, fuhr der Prediger fort. Aber das Jubiläum sei natürlich ein guter Anlass zurückzublicken. „Die Reformation liegt jetzt gut 20 Generationen zurück. In Deutschland leben 22 Millionen Protestanten.“ Die Frage müsse heute lauten: „Was hat die Botschaft Christi in der heutigen digitalisierten Welt zu sagen?“ Doch zurück zur Kreuzkirche: „Der hohe Turm zeigt an, dass sich hier die Gemeinde Christi versammelt.“ Seiger erinnerte an die gestiegenen Gemeindegliederzahlen, auch in Horrem. 1888 habe man dort 17 Protestanten gezählt. Heute seien es 2.600, insgesamt 11.000 auf Kerpener Gebiet.

Apotheker war erster Evangelische in Kerpen
Seiger empfahl den Besuch einer Ausstellung im Haus für Kunst und Geschichte am Kerpener Stiftsplatz, die das Reformationsjubiläum zum Thema hat: „Dort gibt es eine Fülle von Dingen, die man entdecken kann. Der erste Evangelische in Kerpen war übrigens ein Apotheker“, schlug Seiger den Bogen vom Großen zum Kleinen. Und weiter: „50 Jahre Kreuzkirche, das bedeutet auch 50 Jahre ökumenisches Leben vor Ort. Nach dem Zweiten Vaticanum können wir ja vieles gemeinsam sagen und tun.“ Im Übrigen habe es in der Vergangenheit noch kein Reformationsjubiläum gegeben, das so augenfällig die Gemeinsamkeiten zwischen den großen christlichen Konfessionen herausgestellt habe: „Es gab Jahrzehnte, in denen man vor allem antikatholisch gefeiert hat.“

Einheit der Kirche besteht nicht aus Dogmen
Danach wandte sich der Superintendent seinem Predigt-Text Jesaja 55 zu: „Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.“ Die Antwort auf die Frage, wo Gott wirkt in seinem Leben, kann nur jeder für sich selbst geben“, sagte Seiger. Und es gelte: „Nicht aus Organisationen, nicht aus Liturgien und nicht aus Dogmen wird die Einheit der Kirche bestehen, sondern aus dem Wort Christi.“

Gedanken-Experiment
Der Superintendent lud die Gemeinde zu einem Experiment ein. „Schließen Sie mal 30 Sekunden die Augen und denken Sie an ein Bibelwort, das Ihnen gut tut.“ Nach der halben Minute: „Ich weiß nicht, an welchen Satz Sie gedacht oder welches Bild Sie im Kopf hatten. Stellen Sie sich vor, dass man in nicht allzufernen Zeiten die Gedanken und Bilder auf die Wand hinter mir projizieren könnte. Da würden ganz unterschiedliche Ergebnisse zum Vorschein kommen. Oder Sie stellten fest, dass ihr Nachbar das Gleiche gedacht hat wie Sie.“ Das sei zwar jetzt noch nicht möglich: „Aber wir dürfen dankbar sein, dass wir heute hier etwas von Gott gehört und gespürt haben“, schloss er.
Die Kreuzkirche in Kerpen-Horrem

Neue Kreuzkirche wurde als Zeltkirche angelegt
Die neue Kreuzkirche mit dem markanten 30 Meter hohen Turm wurde am 28. Mai 1967 von niemand Geringerem als Professor Dr. Joachim Beckmann, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, eingeweiht. Die Evangelische Kirchengemeinde Horrem hatte schon 1961 von der Gemeinde Horrem ein 3.000 Quadratmeter großes Grundstück an der Mühlengasse erworben. Den Auftrag zum Bau eines Gemeindezentrums erhielt der Kölner Architekt Helmut Wolfram. Der Grundstein wurde im März 1964 gelegt. Wolfram legte den Neubau als Zeltkirche an mit einem hoch aufragenden Dach. Die Saalkirche hat einen unregelmäßigen sechsseitigen Grundriss. Wände und Dachseiten sind auf die fenster- und bilderlose Altarrückwand ausgerichtet. Die Kirche verfügt über 350 Sitzplätze. Die dem Kirchraum gegenüberliegenden Gemeindesäle können verbunden werden.

Einen markanten Turm hatte auch die Vorgängerin der Kreuzkirche in Horrem, die den gleichen Namen trug. Sie stand mit dem „dicken Turm“ am Horremer Postberg und war 40 Jahre nach ihrer Einweihung zu klein geworden. Außerdem war die Bausubstanz schlecht. Deshalb fiel der Beschluss für einen Neubau.

Die Feierlichkeiten gehen weiter!
Die Feier des Reformationsjubiläums geht in Horrem weiter. „Hier stehe ich, ich kann auch anders“ lautete der Titel des Kabarett-Programms, mit dem Okko Herlyn jüngst in der Kreuzkirche gastierte. Und der „Festgottesdienst zum Reformationsgedenken“ beginnt am Dienstag, 31. Oktober, um 10 Uhr in der Johanneskirche, Filzengraben 19.

Jens Greve, seit 17 Jahren der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Horrem, lädt herzlich zu dieser und zu weiteren Veranstaltungen, die zusammen mit der Stadt Kerpen und der katholischen Nachbargemeinde veranstaltet werden, ein. Die Festschrift zum Jubiläum finden Sie hier.



Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/Celia Körber-Leupold