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Projektberichte

07.07.2017
Der Gewinner aus Köln steht fest!
Spannender Vorentscheid in der Jugendkirche „geistreich“ für das Finale des Poetry-Slam

In der Jugendkirche „geistreich“ in Köln-Mülheim stellten sich am ersten Sonntag im Juli acht junge Poetry-Slammer und -Slammerinnen mit ihren Texten dem Votum eines sehr interessierten Publikums. Damit beteiligte sich die Evangelische Jugend Köln am Wettbewerb „Wortanschlag – deine These“ (www.wortanschlag.info).

Alle waren gut, alle Thesen fesselten, berührten oder stimmten das Publikum nachdenklichaber, aber nur eine oder einer konnte gewinnen: der 16-jährige Schüler Tim Germund aus Hürth

500 Jahre nach der Reformation durch Martin Luther bietet das ganzjährige Projekt der Evangelischen Jugend im Rheinland jungen Menschen heute die Chance, ihre Gedanken, Wünsche und Hoffnungen in Form von Thesen in aller Öffentlichkeit bekanntzumachen.

Lustig, nachdenklich oder wütend
In neun Kirchenkreisen – unter anderem in Köln, Aachen und Bonn – fanden und finden 2017 Vorentscheide statt. „Jeder tritt unter denselben Spielregeln an“, erklärt Projektleiter Nils Kruse vom Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), „mit zwei Texten unterschiedlicher Couleur“. Das könne etwas Lustiges sein, etwas, das zum Nachdenken anregt, aber auch etwas Zorniges. „Der Text muss sich nicht reimen, soll aber das Publikum begeistern“, meint er. In den fünfminütigen Vorträgen sind alle literarischen Formen und Genres – beispielsweise Lyrik, Kurzprosa, Rap oder Comedy-Beiträge – erlaubt.

Slam-Party in der Jugendkirche
In Köln organisierte das Evangelische Jugendpfarramt eine Slam-Party in der Jugendkirche und zuvor einen dreitägigen Workshop für Jugendliche, damit diese von Profis lernen konnten. Dort konnten die Zuhörer jetzt am Wochenende entscheiden, wer die Evangelische Jugend in Köln und der Region im Finale in der Trinitatiskirche am 7. Oktober vertreten wird.

Viel Herzblut und fesselnde Sätze
Der 16-jährige David wirkte äußerlich entspannt, „aber nach innen geht bei mir gerade die Hölle ab“. Verständlich, denn jeder der jungen Erwachsenen hatte in seine Texte viel Herzblut, Emotionen und Energie gesteckt. Das Publikum in der Jugendkirche war sehr aufmerksam und applaudierte jeder der vorgetragenen Thesen, die von passender Musik und Einlagen der Profi-Slammer Anke Fuchs, Suleiman Masomi und Marvin Ruppert umrahmt wurden. Sie handelten von Umweltschutz, Reizüberflutung und Monotonie in der Schule. Es fielen Sätze wie „melancholische Regenschirme fangen meine Träume“ und „Justitia Natur wird die Schuld begleichen“. Alle Sätze fesselten, berührten oder stimmten das Publikum nachdenklich – jeder auf seine ganz eigene Weise.

„Wenig Zeit, das Publikum zu begeistern“
Da fiel es schwer, sich für einen Text zu entscheiden. „Poetry-Slam ist kein Genre wie Rap, Comedy oder Kabarett“, erklärt Florian Cieslik, der die Veranstaltung gemeinsam mit Ina Kruwinnus vom Evangelischen Jugendpfarramt moderierte, „sondern ein Veranstaltungsformat, bei der jeder Slammer nur wenig Zeit hat, das Publikum mit seinem Text zu begeistern und zu überzeugen“.

Holzklammern für die Gewinner
Das Publikum-Voting gehört beim Poetry-Slam immer dazu. In Köln standen acht Eimer, die mit den Fotos der Slammerinnen und Slammer beklebt waren, auf der Bühne. Jeder Gast hatte zuvor einen Stift und drei Klammern bekommen. Auf die Holzklammern konnten Worte zur Inspiration für einen neuen Text geschrieben werden. Jeder konnte sie dann so auf die Eimer verteilen, wie es ihm gefiel: Alle drei für einen Lieblings-Poeten, je einen für drei verschiedene oder zwei für einen und einen für jemand anderen. Auf den Klammern standen Worte wie „Träume, Utopie oder Fake“.

Zwischen Jetzt und der Zukunft
Mit dieser Botschaft und seiner Performance sammelte der 16-jährige Schüler Tim Germund aus Hürth die meisten Wäscheklammern in seinem Eimer. Gerechnet hat er nicht mit dem Sieg: „Ich fand, wir als Gruppe waren super und mir ging‘s nicht darum, zu gewinnen“, so der überraschte, aber strahlende Gewinner. In seinem Text ging es um die Frage „Was wäre wenn?“ Die stelle man sich ja immer, sinnierte er und formulierte „Mach doch einfach mal! Und überleg dir nicht, was ist, sondern leb das Jetzt!“

Mit dieser Einstellung dürfte es ihm nicht schwerfallen, die Evangelische Jugend in Köln und Umgebung beim Finale im Oktober würdig zu vertreten und die Wörter auf den 56 Wäscheklammern in seinem Eimer in einen überzeugenden Text zu verwandeln.

Großes Finale in der Trinitatiskirche
Nicht nur der Sieger war glücklich, sondern auch Ulrike Mensching, Leiterin des Evangelischen Jugendpfarramtes. Über die gelungene Veranstaltung und darüber, dass so viele Besucherinnen und Besucher in die Jugendkirche gekommen waren. Für das große Finale am 7. Oktober in der Kölner Trinitatiskirche drückt sie dem Finalisten natürlich beide Daumen. Auch Projektleiter Nils Kruse freut sich auf das große Ereignis zum Ende des Reformationsjahres: „Zehn Finalisten bedeuten je zwei mal fünf Minuten Text, da kriegt man schon eine gehörige Bandbreite dessen, was jungen Menschen heute so im Kopf herumgeht, was sie sagen wollen, und welche Thesen sie in der heutigen Zeit anschlagen möchten.“

Zum Finale in der Kölner Trinitatiskirche sagt er: „Wir werden die Kirchenportale aufmachen, um in dieser Kirche mal ein anderes Setting erleben zu können. Es kostet keinen Eintritt, alle sind eingeladen, den jungen Menschen und ihren Thesen zu lauschen!“



Text: Jutta Hölscher
Foto(s): Jutta Hölscher