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Projektberichte

29.05.2017
Viele Aktionen von Kölnerinnen und Kölnern auf dem 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag
Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum noch bis September

„Hier stehen wir – und wollen anders. Jetzt gehen wir – und können anders.“ Mit diesem Beinahe-Zitat von Martin Luther verabschiedete Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au am Ende des großen Festgottesdienstes zum 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag die rund 120.000 Besucher, darunter auch viele Kölnerinnen und Kölner. Ähnlich wie Aus der Au hatte auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strom auf den Elbwiesen in Wittenberg die Forderung zu gesellschaftlichem und politischem Engagement mit besonderem Fokus auf die Ökumene formuliert.

Begeistert feierten rund 40.000 Menschen die Eröffnung des Kirchentages in Berlin.

Der Weg in die Zukunft müsse mit Blick auf den Nächsten gegangen werden, so die Kirchentagspräsidentin. Man müsse das Gespräch mit denen suchen, die keinen Dialog führen wollen. Zuvor appellierte der südafrikanische Erzbischof Thabo Makgoba in seiner Predigt über die biblische Geschichte der Sklavin Hagar, aus der die Kirchentagslosung „Du siehst mich“ stammt (1. Buch Mose, 16, 13), vor allem an die jungen Menschen und forderte sie auf: „Hört die Schreie der anderen und unseres Planeten! Hört wie Gott sie hören würde.“

Steinmeier lobte soziales und geistliches Engagement der Kirchen
Die 120.000 Besucherinnen und Besucher machten sich – zum Teil schon am Samstag – vom Kirchentag in Berlin und den Kirchentagen auf dem Weg, die in Dessau-Roßlau, Erfurt, Halle/Eisleben, Jena/Weimar, Leipzig und Magdeburg stattfanden, auf nach Wittenberg, um dort auf der großen Festwiese unter freiem Himmel mit Blick auf die Schlosskirche 500 Jahre Reformation und einen gelungenen Kirchentag zu feiern. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war unter den Gästen und sprach am Ende ein Grußwort, in dem er das soziale und geistliche Engagement der Kirchen lobte.
Aus der Entfernung nur auf der Leinwand zu sehen - Bundespräsident Steinmeier

Besondere Stimmung nach intensiven Programmtagen
Unter brütender Sonne wurde gemeinsam gesungen, gebetet und Abendmahl gefeiert – unterstützt durch 6.500 Bläser, die für Gänsehautfeeling sorgten. Man spürte, dass es diesmal um mehr als „nur“ Kirchentag ging. 500 Jahre Reformation, der Geist Martin Luthers und die Kulisse von Wittenberg sorgten für eine besondere Stimmung. Das alles erlebten die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher, die selbst noch ganz erfüllt waren von den Programmtagen zuvor: voller Inspiration, Kultur, Spiritualität, Austausch oder einfach nur Spaß.
Spirituelle Momente bei der Mittwochs-Andacht auf dem Kirchentag

Ex-Präsident Obama als besonderer Höhepunkt
Mit diesem Festgottesdienst ging ein Kirchentag zu Ende, bei dem in etwa 2.500 Veranstaltungen im Berliner Stadtgebiet und in der Berliner Messe für jeden Geschmack und jedes Alter etwas dabei gewesen sein müsste. In einer säkularen Stadt wie Berlin waren für vier Tage – erkennbar an orangen Schals – Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen und aus unterschiedlichen Ländern präsent, die sich nicht nur mit Glaubensfragen auseinander setzten. Politikerinnen und Politiker wie Angela Merkel, Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble, Martin Schulz, Hannelore Kraft, Wolfgang Thierse und viele mehr standen vor allem in den großen Messehallen Rede und Antwort und waren auch in mancher Bibelarbeit zu hören. Immerhin war der Kirchentag ja diesmal zu ihnen nach Berlin gekommen! Und als besonderer Höhepunkt stellte sich Ex-US-Präsident Barak Obama auf der Bühne am Brandenburger Tor der Diskussion mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vor 75.000 Zuschauern – und stahl damit manch anderer sicher ebenfalls sehenswerten Veranstaltung die Show und die Zuschauer.
Zahlreiche Menschen waren zum Evangelischen Kirchentag angereist, u.a. auch der ehemalige US-Präsident Obama

Schweigeminute zum „Fluchtgedenken“
In kleineren und größeren Veranstaltungen, Workshops, Gottesdiensten und Aktionen ging es um brisante Themen wie die Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren, den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, den Krieg in Syrien, AfD, Ökumene und unzählige mehr. Einen besonderen Moment erlebten Teilnehmende am Freitag, als sämtliche Veranstaltungen des Kirchentages, darunter auch der Kölner Treff, unterbrochen wurden, um in einer Schweigeminute beim „Fluchtgedenken“ an die mehr als 10.000 Menschen, die in den letzten drei Jahren auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind, zu erinnern.

Große Kirchentagsbeteiligung auch aus Köln
Auch aus Köln reisten zahlreiche Menschen an – als Teilnehmende und als Mitwirkende. Der Kölner Treff – diesmal sehr gut platziert im Zentrum Jugend zwischen Anhalter Bahnhof und Tempodrom – präsentierte sich im Rahmen der Rheinischen Dörfer – mit mehr als 220 Jugendlichen aus Köln und der Region mit leckerem und gesundem Essen und spannenden Mitmachaktionen zum Kirchentagsmotto. „Am Donnerstag war unser Essen schon um 13 Uhr komplett ausverkauft“, erzählte Katrin Reher, Geschäftsführerin der ev-angel-isch gGmbH und Mitorganisatorin des Kölner Treffs. Kein Problem, ab Freitag war genug für alle da – und natürlich war alles ganz frisch: „Jeden Tag ab 10 Uhr trafen sich die ersten 30 Jugendlichen, um 40 Kilo Kartoffeln für die Kartoffelsuppe zu schälen“, so Reher.
An den Pavillons mit Aktionen wie einem Barfußparcours zur Selbsterkenntnis, Sonnenbrillen gestalten, Basteln von Kirchentags-Logo-Bällchen aus Wolle, einem Rollstuhlbasketball oder einem Selbsterfahrungsparcours bildeten sich den ganzen Tag lange Schlangen.
Beim Kölner Treff gab es einen Reim zum Essen gratis dazu

Zentrum Kabarett mit „Hermanns & Putzler“ und Klüngelbeutel
Im Zentrum Kabarett in der Berliner Messe lockte das Kölner Kabarett „Hermanns & Putzler“ mit seinem Programm „Man sieht sich!“ nicht nur Kirchentagsbesucherinnen und -besucher aus Köln und dem Rheinland in eine proppenvolle Messehalle. Zweimal brachten Susanne Hermanns und Sabine Putzler in ihrem einstündigen Programm den Saal zum Toben, als sie auf die Melodie von „We are the Champions“ das Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ schmetterten oder in einem Fußballgottesdienst Probleme zwischen Katholiken und Protestanten thematisierten. Auch das Kirchenkabarett Klüngelbeutel war mit seinem Bühnenprogramm zum Reformationsjubiläum „Djihad in Wittenberg – Martin Luther sein Kampf“ gleich an zwei Spielorten in Berlin und Leipzig zu sehen.
Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, war angereist - hier im Gespräch mit Susanne Hermanns.

Open Air-Bühne am Gendarmenmarkt – gut mit Rheinländern bestückt
Eine „Rheinische Bühne“ wie auf den letzten Kirchentagen in Bremen, Dresden, Hamburg und Stuttgart gab es in Berlin zwar nicht. Dennoch fand sich ein Team aus fünf Rheinländerinnen und Rheinländern – darunter zwei Kölner – zusammen, das von Donnerstag bis Samstag die Open Air-Bühne am Gendarmenmarkt moderierte. Als ein Schaufenster des Kirchentags verstand sich die Bühne, und Menschen aus Politik, Kirche und Diakonie berichteten in kurzen Interviews über ihre beruflichen und Kirchentagsaktivitäten und ließen sich auf kleine Spiele wie „Papphocker falten“ oder „Kirchentagsschals zuordnen“ ein, in denen ihre Kirchentagstauglichkeit getestet wurde. Unter ihnen waren auch Gäste wie Manfred Rekowski, der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Oberkirchenrätin Barbara Rudolph oder der ehemalige Kölner Citykirchenpfarrer und jetzige Superintendent von Berlin-Mitte, Bertold Höcker.

Kirchenkreis Köln-Nord pflanzt einen Baum im Luthergarten
Mit dem Festgottesdienst am Sonntag ging zwar der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag zu Ende, das Reformationsjubiläum wird allerdings weiter gefeiert. Eine Delegation aus dem Kirchenkreis Köln-Nord blieb am Sonntag gleich in Wittenberg, um dort am nächsten Tag im Luthergarten einen Baum zu pflanzen. Die Weltausstellung Reformation mit ihren sieben Toren der Freiheit, dem Assisi Panorama und vielen Veranstaltungen, in denen Kirchen aus aller Welt, internationale Institutionen, Organisationen, Initiativen und viele Kulturschaffende ihre aktuelle Sicht auf die Reformation präsentieren, kann noch bis September besucht werden. Ein umfangreiches Programm wird auf großen und kleinen Bühnen in der Stadt geboten; auf Podien und in Veranstaltungszelten wird zu Diskussionen, Debatten, Sessions und vielem anderen eingeladen.



Text: Susanne Hermanns
Foto(s): Susanne Hermanns