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Projektberichte

28.09.2017
500 Jahre Reformation und 50 Jahre Zeltkirche
Ökumenisches Gemeindefest im Zeichen des Mittelalters – und es geht noch weiter!

Wer Reibekuchen oder gar Pommes frites suchte, wurde beim Gemeindefest rund um die Zeltkirche in Kippekausen nicht fündig. Das stand nämlich ganz im Zeichen des Mittelalters. Und Kartoffeln wurden zum Beispiel in Preußen erst im 18. Jahrhundert angebaut. „Anno 1517 – Ökumenisches Gemeindefest rund um die Zeltkirche“ hieß das Motto.

Marion Rauber und Armin Wirth als Mönche. Im Hintergrund Birgit Dwornicki.

Kulinarisch standen der Zeit angepasst Spanferkel und Spießbraten, Kürbissuppe und Pilzpfanne im Mittelpunkt. Bier, Wein und Wasser waren ebenfalls schon bekannt in Mitteleuropa, als die Reformation vor 500 Jahren ihren Siegeszug antrat. Groß war der Andrang auf Speisen und Getränke. Um 17 Uhr gab es nichts mehr zu essen.

Reformationsversuche vor und neben Luther
Doch zurück zum Anfang: Das Gemeindefest im Jubiläumsjahr – gefeiert werden dieses Jahr 500 Jahre Reformation und 50 Jahre Zeltkirche – startete mit einem ökumenischen Gottesdienst. In einem Anspiel anstelle der Predigt widmete man sich den religiösen Themen in Luthers Zeit. „Wir wollen ganz bewusst nicht den Reformator Martin Luther als Person auf ein Podest stellen. Uns geht es um die Ideen auch derer, die Luther gedanklich vorausgegangen waren, um die Reformationsversuche vor und neben Luther“, sagt Pfarrerin Birgit Dwornicki, die Hauptverantwortliche für das Fest.

Zwei Mönche im Klostergarten
Für das Anspiel hatte sie Marion Rauber, Pfarrerin aus Refrath, Armin Wirth, Gemeindereferent von St. Johann Baptist in Bergisch Gladbach und ihren Mann, Pfarrer Robert Dwornicki, gewinnen können. Während erstere zwei Mönche im Klostergarten darstellten, gab Pfarrer Dwornicki den wortmächtig-stattlichen Reformator.

„Ja, manchmal betet er die ganze Nacht“
Beim Harken des Hofs eines Klosters unterhalten sich die beiden Mönche über den damaligen Zustand der katholischen Kirche. „Vor kurzem wurden ja die Domherren in einer Schmähschrift als Esel dargestellt. Und ihre Weinkeller sind voll, und die jungen Mägde hübsch. Da ist es nur gut, wenn Martin den Studenten die Bibel nahebringt“, sagte einer. „Es kann nicht gesund sein, dass er den ganzen Tag in den Büchern liest“, wandte der andere ein: „Immer nur Latein, und dann auch noch Griechisch. Er soll ja unter Verdauungsstörungen leiden. Er sieht fertig aus.“ „Ja, manchmal betet er die ganze Nacht. Er sucht etwas und findet es nicht. Das macht ihn unglücklich.“ Dann betrat „Luther“ die Szenerie und streckte und reckte sich im Sonnenlicht: „Ich will euch helfen im Garten. Wenn man glücklich ist, muss man anderen Menschen helfen.“

Gott liebt die Menschen bedienungslos
Die Mönche waren überrascht und berichteten Luther, sie hätten sich Sorgen um ihn gemacht. Der ließ sich nicht beirren und nahm die Harke in die Hand: „Wir machen uns viel zu viele Sorgen. Als könnten wir unsere Freude herbeizwingen. Ich habe die Freude in der Bibel gefunden. In Christus. Gott liebt uns bedienungslos, ohne dass wir etwas Gutes tun. Nicht auf die Taten kommt es an, sondern darauf, dass wir Vertrauen zu Gott haben. Dann hat er uns lieb.“ Die Mönche schauten irritiert. Der „Dwornicki-Luther“ erklärte an einem Beispiel, was er meinte: „Deine Mutter liebt dich doch auch dann, wenn du was ausgefressen hast. Hast du deshalb ständig Mist gebaut? Du hast doch deine Mutter noch viel lieber gehabt, weil sie dir alles verziehen hat.“

Großer Andrang beim Butter-Stampfen und Bogenschießen
Nach dem Gottesdienst in der proppenvollen Zeltkirche, den die Gruppe „Ruhama“ musikalisch begleitete, wartete ein umfangreiches Programm auf die Gäste. Großer Beliebtheit erfreute sich „Hau den Luther“, eine reformatorische Abwandlung des „Hau den Lukas“. Das Procedere war das Gleiche. Auf dem See hinter der Kirche bestand die Möglichkeit, Kahn zu fahren. Mit einer Kutsche ging es durch Kippekausen. Großer Andrang herrschte auch beim Butter-Stampfen und beim Bogenschießen. Und so könnte man noch viel erzählen von „der Super-Stimmung und der tollen Resonanz“, die Birgit Dwornicki bei dem Pfarrfest ausgemacht hat. Der Erlös geht an integrative Kinder- und Jugendprojekte in Refrath.

Die Feierlichkeiten gehen weiter!
Das Fest war ein Teil des Programms zum Doppeljubiläum in Kippekausen. Weitere Highlights folgen. Am Sonntag, 15. Oktober, gibt sich das Kirchenkabarett-Duo Hermanns & Putzler ab 18 Uhr in der Zeltkirche die Ehre. Gutes Wetter bleibt den Teilnehmenden zu wünschen beim Open-Air-Gottesdienst am Reformationstag, Dienstag, 31. Oktober, ab 11 Uhr auf dem Peter-Bürling-Platz in Refrath. Ein Kinder- und ein Erwachsenen-Ensemble präsentieren Auszüge aus zwei Luther-Musicals. Bei Regen kann man in die Kirche St. Johann Baptist ausweichen. Starke Frauen, die reformatorische Aufbrüche in den vergangenen 500 Jahren wagten und wagen, stehen im Mittelpunkt der szenischen Lesung „Hier stehen wir und wollen es anders!“ am Sonntag, 19. November, ab 18 Uhr in der Zeltkirche.



Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann