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Projektberichte

25.10.2017
Podiumsdiskussion zum Thema „Was heißt heute Toleranz?“
Ausstellung „Hilliges Köln 2.0 – Auf dem Weg zur religiösen Toleranz" noch bis zum 12. November geöffnet

Begleitend zur Ausstellung „Hilliges Köln 2.0 – Auf dem Weg zur religiösen Toleranz" fand im Historischen Rathaus eine prominent besetzte Podiumsdiskussion statt. Vor dem Hintergrund wachsender religiöser Intoleranz wurde gefragt „Was heißt heute Toleranz?“ Und darüber hinaus stellten sich die Gäste aus verschiedenen Religionen die Frage: „Brauchen wir überhaupt Religionen, um tolerant zu sein?“ Begrüßt wurden die rund 250 Zuhörerinnen und Zuhörer und die Experten von der Stellvertretenden Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes. Sie freute sich über das große Interesse an dem interreligiösen Diskurs.

Moderator Jürgen Keimer, Stadtsuperintendent Rolf Domning, Publizist Günther Bernd Ginzel, Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Generalvikar Dr. Dominik Meiering und Schriftsteller Dr. Michael Schmidt-Salomon (von li)


Prominentes Podium
Das Podium an diesem Abend setzte sich zusammen aus Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Generalvikar Dr. Dominik Meiering, Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Publizist Günther Bernd Ginzel und Schriftsteller Dr. Michael Schmidt-Salomon. Die Diskussion leitete der WDR-Moderator Jürgen Keimer.

„Der Kölner ist tolerant!“
Die erste Frage des Abends ging an Rolf Domning. Der Moderator fragte ihn nach der Toleranz der Kölnerinnen und Kölner. Domning reagierte darauf mit unmissverständlichen Worten: „Der Kölner ist tolerant!“ Die Kölner seien offen für andere Kulturen, Religionen und Positionen. Das gehöre auch zum Selbstverständnis der Stadt Köln. Die Bereitschaft zur Toleranz sei bei den Kölnerinnen und Kölnern vorhanden - ganze Generationen hätten bereits eindeutige Zeichen gesetzt, so Domning.

Diskriminierung nach wie vor Thema
Der jüdische Publizist Günther Bernd Ginzel, der in Köln aufgewachsen ist, gab zu bedenken, dass es auch heute noch kein jüdisches Kind und keinen jüdischen Jugendlichen gebe, der nicht schon antisemitische Erfahrungen gemacht habe. Ginzel plädiert für eine plurale Gesellschaftsform, die alles daran setzen müsse, gleiche Rechte für alle durchzusetzen, so wie es das Grundgesetz und der Rechtsstaat garantierten. Auch die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor berichtete von ausländerfeindlichen Erfahrungen. Es gebe zudem kein muslimisches Kind und keinen muslimischen Jugendlichen, der nicht schon anti-islamische Erfahrungen gemacht habe, erweiterte Kaddor die Aussage von Ginzel. Die Phänomene „Islamismus“ und „Islam-Feindlichkeit“ bedingten sich gegenseitig, so Kaddor.

Respekt und Offenheit
Insgesamt waren sich die Religionsvertreter darüber einig, dass man die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen müsse, auch die Angst vor Neuem und Fremden. Neben Dialogen auf Augenhöhe sei die Rechtstaatlichkeit eine zentrale Säule. Für ein interreligiöses Gespräch müsse vor allem auch der Respekt und die Offenheit für unterschiedliche Positionen vorhanden sei, fügte Stadtsuperintendent Domning hinzu.

Dialog auf Augenhöhe pflegen
Generalvikar Dr. Dominik Meiering sprach sich für einen ehrlichen Dialog zwischen den Religionen aus. Das Humane sei die Basis, die Menschen verbinde. Auch er spüre Ängste in der Gesellschaft. Meiering forderte, verbindliche Räume zu schaffen, in denen unterschiedliche Positionen möglich seien, um „den freien Blick zu ermöglichen“.

Plädoyer für Streitgespräche
Für den Philosophen Dr. Michael Schmidt-Salomon, der sich selbst als Humanisten bezeichnete, sind die Idee der „Offenen Gesellschaft“ und die dort geltenden Grundwerte von zentraler Bedeutung. Für ihn ist der interreligiöse Dialog „oftmals ein Schein-Dialog“. Dr. Schmidt-Salomon plädiert für Streitgespräche. Doch die Experten waren sich einig: Interreligiöse Begegnungen sind wichtig, und Dialoge führen, bedeute eben auch „voneinander zu lernen“. Der Kabarettist Wilfried Schmickler, der nach der Podiumsdiskussion auftrat, brachte es abschließend auf den Punkt: „Gerade in der Vielfalt liegt die kulturelle Kraft – das finde ich gut!“

Ausstellung noch bis zum 12. November geöffnet
Die Podiumsdiskussion war Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung "Hilliges Köln 2.0 - Toleranz im Update?", die das Historische Archiv der Stadt Köln aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums veranstaltet. Die Ausstellung ist noch bis zum 12. November 2017 in der Kölner Innenstadt, Heumarkt 14, zu sehen. Der Eintritt ist frei.



Text: Sarala Hackenberg
Foto(s): APK