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Projektberichte

31.10.2017
"Unumkehrbar unterwegs vom Konflikt zur Gemeinschaft"
Vesper am #Reformationstag 2017 im Altenberger Dom

Imposanter hätte die Kulisse kaum sein können. Im bis auf den letzten Platz besetzten Altenberger Dom feierten Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, und Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbischof in Köln, eine ökumenische Vesper mit Tauferinnerung am Tag des Reformationsjubiläums. Auch Ministerpräsident Armin Laschet war zu der Ökumenischen Vesper gekommen. Als die Orgel mit "Nun danket alle Gott" eröffnete, wurden sogar die Stehplätze knapp. Rund 1.500 Besucherinnen und Besucher waren nach Altenberg gekommen.

Präses Manfred Rekowski, Rainer Maria Kardinal Woelki und Ministerpräsident Armin Laschet im Altenberger Dom


Die Taufe als gemeinsames Sakrament beider Konfessionen stand im Mittelpunkt der Vesper unter dem Motto "Als Christen gemeinsamen unterwegs". Andrea Vogel, die Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch ist, leitete gemeinsam mit dem Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser die Liturgie und sagte zu Beginn: "Die Reformation gehört uns allen. Sie freut und belastet uns mit ihren hellen und dunklen Seiten. Wir feiern heute in ökumenischer Geschwisterlichkeit. Die Kirche bedarf der täglichen Erneuerung und Umkehr." Die Kirchen seien auf dem Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft. "Wir müssen nach dem Schatz suchen, den das Evangelium für uns bereit hält", fuhr die Superintendentin fort. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hatte in der Vesper die Lesung übernommen. Er trug die Passage zur Taufe aus dem sechsten Kapitel des Römerbriefes vor. "Wir alle, die wir auf Christus Jesu getauft wurden, sind auf seinen Tod getauft worden. Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wir Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben."

Präses Rekowski griff das Thema Taufe in seiner Predigt auf. "Unser Leben ist zusammengeführt mit dem, der stärker ist als alle Zerwürfnisse und der Tod. Jesus Christus lebt und stirbt nicht. Durch ihn erfahren wir Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt." Die Christen sollten befreit sein von allen konfessionellen Besitzstandswahrungen. "Wir sind unumkehrbar vom Konflikt zur Gemeinschaft unterwegs", sagte der rheinische Präses: "Für Versöhnung einzustehen, ist unser Amt als getaufte Christinnen und Christen. “Beten und Tun des Gerechten“ ist unser Amt. Gemeinsam Gottesdienst feiern ist unser Amt. Dieses in der Taufe gegründete Amtsverständnis verbindet uns und bringt uns zusammen hier in dieser Simultankirche, in konfessionsverbindenden Ehen, in gelebter Nachbarschaftsökumene, in diakonisch-caritativer Zusammenarbeit." Die Gemeinden seien gemeinsam Leib Christi und trügen dementsprechend Verantwortung. "Wir müssen ein konfessionsverbindendes Netz- und Bollwerk gegen die Not und Ungerechtigkeit der Welt bilden." Die alten Zerwürfnisse seien zwar noch da. Aber auf ihnen liege kein Segen: "Was können wir anderes tun, als uns jeden Tag erneuern zu lassen? Was können wir anderes tun, als Gott jeden Tag wieder neu zu bitten, uns zusammenwachsen zu lassen?"

Nachdem die Gottesdienstbesucher und Gottesdienstbesucherinnen mit der Toccata-Campanella für zwei Spieler an einer Orgel von Andreas Willscher mit Zitaten aus einem Luther-Lied und einem gregorianischen Choral eine Welturaufführung erlebt hatten, legte Kardinal Woelki die Passage des Römerbriefes aus. Auch er betonte das einigende Band der Taufe: "Sie macht es möglich, dass wir uns als Brüder und Schwestern, als Familie Gottes sehen können." Weiter sagte er: "Ohne Gottes Wort ist das Wasser der Taufe schlichtes Wasser. Mit Gottes Wort wird es gnadenreiches Wasser des Lebens und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist." Gott sei den Menschen mit Jesus Christus so nahe gekommen, wie es näher nicht gehe. "Er ist uns auf den Pelz gerückt. Jesus Christus lebt in uns und wir in ihm. Da entsteht eine Identität." Die Kirchen seien immer wieder aufs Neue aufgerufen, sich zu Christus zu bekehren und sich an die Taufe zu erinnern: "In der Taufe werden wir – um es ganz deutlich zu sagen – nicht auf Paulus – aus dessen Brief an die Römer wir gerade gehört haben –, nicht auf Martin Luther – dessen Lebenswerk uns heute zusammenführt –, und auch nicht auf den Papst – dessen Antipode Martin Luther einst war –, sondern auf den Namen des dreieinigen Gottes getauft", sagte Woelki. Die Taufe sei das Ereignis, an dem von allen Kirchen anerkannt werde, dass die Zugehörigkeit zu Christus umfassender und größer sei als die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession. "Wo immer sich Menschen auf ihn einlassen, dort wächst die Einheit", sagte der Kölner Erzbischof.

Im weiteren Verlauf der Vesper sprachen der Präses und der Erzbischof ein "Ökumenisches Bekenntnis". Beim Einzug von Rekowski und Woelki hatte man das Kölner Ökumene- und Versöhnungskreuz voran getragen. Evangelische und katholische Kerzenträgerinnen und Kerzenträger entzündeten Lichter zu Texten, die sich mit dem Thema Ökumene befassten. Da wurden die Gemeinsamkeiten in Sachen Diakonie und Caritas betont, aber auch das Leiden an der Trennung der Kirchen und der Wille, die Trennung zu überwinden. Eine der Kerzen bleibt im Altenberger Dom, die anderen Kerzen werden vom Erzbistum, der Evangelischen Kirche im Rheinland, dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region und dem Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch an würdigen Orten präsentiert. „So soll die Idee der Ökumene weitergetragen werden“, sagte Pfarrerin Claudia Posche, die an der von Katholiken und Evangelischen gemeinsam genutzten Simultankirche ihren Dienst tut.

Die musikalische Begleitung der Vesper gestalten die Chöre des Altenberger sowie des Kölner Doms. Die Leitung hatten Winfried Krane, Leiter der Domkantorei Köln, Andreas Meisner, Kirchenmusikdirektor der Evangelischen Domgemeinde Altenberg, und Eberhard Metternich, Domkapellmeister und Leiter des Kölner Domchores. Die Orgel spielten Andreas Meisner und Rolf Müller.

Die große Überraschung hatte sich der Erzbischof bis zum Schluss der Ökumenischen Vesper aufgehoben. Er überreichte Rekowski ein Gemälde. Eigentlich habe er wie die Heiligen Drei Könige Weihrauch und Myrrhe mitbringen wollen, meinte Woelki. Gold habe ich ja nicht. Aber dann habe er es sich anders überlegt und sich für das Bild entschieden. Das Kunstwerk zeigt Martin Luther aus Papierschnippseln der "New York Times". "Weil Luthers Wirken ja auch weltweit verbreitet wurde", erklärte der Kardinal weiter. Präses Rekowski versprach, das Geschenk an prominenter Stelle im Haus der Landeskirche aufzuhängen. So soll es jeder jederzeit ein sichtbares Zeichen für die Ökumene sein.

Das Domradio übertrug die Ökumenische Vesper aus dem Altenberger Dom. Die Aufzeichnung ist in der Mediathek abrufbar.



Text: Stefan Rahmann
Foto(s): APK