Suche/Archiv
Projektberichte

17.11.2017
„Vertraut den neuen Wegen“: Ökumenischer Pilgerweg am #Reformationstag im Kölner Süden
„Wir sind auf dem Weg, die Freuden und das Leid zu teilen“

„Vertraut den neuen Wegen“ – mit diesem symbolkräftigen Lied startete am Reformationstag ein ökumenischer Pilgerweg in den südlichen Kölner Stadtteilen Bayenthal, Marienburg, Raderberg, Raderthal und Zollstock. Innerhalb von vier Stunden besuchten – in der Spitze – rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer acht Stationen. Aufgesucht wurden fünf Kirchen des Katholischen Kirchengemeindeverbandes Köln am Südkreuz und drei Predigtstätten evangelischer Kirchengemeinden im Gebiet.

Pilgernde auf dem Weg: hier an der fünften Station, der evangelischen Philippuskirche

Seit Jahren gibt es im Kölner Süden vielfältige Kooperationen – belegt durch Partnerschaftsvereinbarungen, ökumenische Arbeitskreise und gemeinsame Veranstaltungen. „Wir sind eingeladen, immer wieder neue Wege zu gehen“, begrüßte Angelika Bongartz die Pilgernden in St. Maria Königin. Die Pastoralreferentin gehört mit Pfarrvikar Wolfgang Zierke und dem evangelischen Pfarrer Klaus Eberhard zu den Vorbereitenden dieses Angebotes am Reformationstag.

Altbekannte, neue und gemeinsame Wege
Zierke begründete, weshalb Katholiken am Reformationstag mitfeiern können und sollen: „Weil wir auf dem Weg sind, die Freuden und das Leid zu teilen.“ Man erkenne, dass Reformation nicht nur trenne, sondern auch zusammenführen könne. „Wir sind eingeladen, immer wieder neue Wege zu gehen“, so Bongartz. „Heute gehen wir auch altbekannte Wege, um innezuhalten, um zur Besinnung zu kommen.“ Im Namen des Vorbereitungskreises hoffte sie auf ein gutes, fröhliches ökumenisches Miteinander. Auf anregende Gespräche auf den Wegen zu den Stationen, wo zum Ein- und Auszug der Pilgerinnen und Pilger jeweils Orgelmusik ertönte. Dazu gab es geistliche Impulse.

Musik verjagt den Teufel
„Martin Luther sang selber gern und leidenschaftlich“, hieß Pfarrer André Kielbik die Pilger in der Reformationskirche willkommen. Er habe die Musik geschätzt. Denn sie mache die Seele fröhlich, verjage den Teufel. Für ihn „kam sie gleich nach der Theologie“. Lieder seien stärker als das gesprochene Wort, so Kielbik. „Text und Melodie greifen ineinander und rühren die Singenden und Hörenden an.“ Nach Luther steige Christus „in unvergleichlicher Kraft in die Tiefen des singenden Herzens hinein und aus den Tiefen der singenden Herzen wieder empor“. Sodann animierte Kantor Samuel Dobernecker erfolgreich zum Singen von Luther-Liedern und Liedern der Reformation. Die Interpreten meisterten sogar die Herausforderung, in getrennten Gruppen die Stücke gleichzeitig vorzutragen. „Das sind Ohrwürmer, man nimmt sie mit in den Tag“, so Dobernecker.

Gemeinsam bekennen wir
In St. Matthias stand eine Passage aus der gemeinsamen Rechtfertigungserklärung des Lutherischen Weltbundes und der Römisch-Katholischen Kirche im Zentrum. „Gemeinsam bekennen wir: Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht aufgrund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken“, hatten beide Seiten 1999 in Augsburg formuliert. Und in der Philippuskirche verdeutlichte der Bibeltext 1. Kor 12-20 („Ein Leib, viele Glieder“), dass alle zu dem einen Jesus Christus gehören: „Nun aber hat Gott die Glieder eingesetzt, ein jedes von ihnen im Leib, so wie er gewollt hat. Wenn aber alle Glieder ein Glied wären, wo bliebe der Leib? Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer.“

Symbolträchtig: Gemeinsam ein Kreuz gegefüllt
In der Kirche „Zum Heiligen Geist“ empfing ein kleines Team die Besuchenden mit einem großen Bogen Papier. Auf diesem stand der erste Satz aus dem Ökumenismusdekret „Unitatis Redintegratio“ (1964) des Zweiten Vatikanischen Konzils: „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen Zweiten Vatikanischen Konzils.“ Um das zu verdeutlichen, forderte die Moderatorin auf, „müssen jetzt alle ein bisschen arbeiten“. Was meinte sie damit? Unter dem Eröffnungssatz der Erklärung stand die Kontur eines Kreuzes. Und die pilgernden Frauen und Männer ließen sich nicht lange bitten, das Innere des Zeichens symbolträchtig mit farbigen Zetteln zu bekleben und gemeinsam zu füllen: Blaue, grüne, lila Schnipsel für die katholischen Christen, rote, orange und gelbe für die protestantischen.

Melanchthon: „Außenminister der Reformation“
„Ich bin berührt, dass wir so viele sind“, sagte Pfarrer Gerhard Johenneken in der Melanchthonkirche. Damit sprach er den Pilgernden aus der Seele. Mit Presbyterin Ulrike Pickert stellte er ihnen den Namensgeber seiner Predigtstätte in Köln-Zollstock in Wort und Bild vor. Der „kleine Grieche“, wie Luther seinen Freund genannt habe, sei ein ganz großer Brückenbauer gewesen. Er habe Glaube und Wissen, Frömmigkeit und Bildung zusammengebracht, das Schulwesen reformiert. Johenneken bezeichnete Melanchthon als Diplomaten, als einen „Außenminister der Reformation“. Er sei friedfertiger als Luther vorgegangen. „Melanchthon will keine Spaltung der Kirche. Er will Frieden, und er will Bildung für alle.“ Bildung verstanden als Vermittlung zwischen den Menschen. „Wir sind dazu geboren, uns im Gespräch einander mitzuteilen“, zitierte er Melanchthons Grundeinstellung. Sein anerkanntes Wirken sei Ansporn „für uns als Gemeinde“. Ein schönes Schlusswort an dieser siebten Pilgerstätte, bevor es zur letzten nach St. Pius ging.



Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich