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Projektberichte

04.11.2017
Glockenwidmung am #Reformationstag in der Antoniterkirche
500 Besucherinnen und Besucher lauschten dem neuen vierstimmigen Reformationsgeläut für das Westwerk

Rund 500 Besucherinnen und Besucher haben die Glockenwidmung am Reformationstag in der Antoniterkirche besucht. Die Resonanz sorgte für große Freude und Erstaunen, auch bei Markus Herzberg. Der Pfarrer der evangelischen Kirche in der Kölner Innenstadt begrüßte zum Festgottesdienst am Reformationstag auch die vielen Besucher, die den Gottesdienst im benachbarten CityPavillon über Lautsprecher beziehungsweise vor dem Portal auf der Schildergasse verfolgten, denn die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt: „Sie können gerne auch sonntags kommen, wir sind immer da.“

Uraufführung der Komposition mit dem neuen Geläut - "Klangstück" für Glocken und Orgel von Kai Schreiber


Gemeinsame Reformationsfeier
Gemeinsam, auch konfessionsübergreifend, wolle man diesen Gottesdienst feiern, sagte Herzberg. Denn durch Christus sei die Einheit schon gegeben. Und so waren neben Elfi Scho-Antwerpes, Bürgermeisterin der Stadt Köln, und der evangelisch-lutherischen Bischöfin em. Bärbel Wartenberg-Potter auch Dr. Matthias Ring, Bischof des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland, und der anglikanische Reverend Andrew Allen, Chaplain of Exeter College Oxford, der Einladung gefolgt.

Was sind unsere Fragen heute?
„Luther hat sich getraut aufzustehen und seine Stimme gegen ein Imperium zu erheben“, betonte Herzberg in seiner Predigt. Er rief die Leistung all der anderen Menschen in Erinnerung, die ihm den Weg geebnet hätten und derjenigen, die ihm gefolgt seien. Selbst zu denken und zu handeln sei reformatorische Erkenntnis. Dazu seien wir aus unserem Glauben heraus berufen. Gegenüber der Zeit Luthers lebten wir in einer Welt mit anderen Problemen. „Ich wünsche mir eine Kirche, die darauf schaut, was unsere Fragen heute sind“, so der CityKirchen-Pfarrer. „Wo sind wir heute Zeugen des Auferstehungsglaubens, wo haben wir heute den Mut aufzustehen, wo gehen wir selbst auf andere zu?

Utopie wagen
„Wo ist das brennende Herz der Emmaus-Jünger?“, fragte der Theologe und wünschte sich „mehr Menschen, die für ihre Sache brennen, alte Pfade verlassen, neue Wege gehen und die Utopie wagen.“ So ist nach seiner Ansicht in der notwendigen ökumenischen Verbundenheit die gegenseitige Einladung zum gemeinsamen Abendmahl unverzichtbar. Zugleich wolle er im Reformationsjahr Mut machen, nicht gegenüber den politischen Fragen zu resignieren. „Gestalten wir mit, immer und überall. Haben wir Ideen auch für eine lebendige Kirche“, forderte Herzberg. „Du bist geliebt, obwohl du so bist wie du bist“, fasste er das Evangelium von Jesus Christus zusammen. „Ich muss keine Vorleistung erbringen: Vor diesem Hintergrund sprudeln die guten Ideen nur so aus uns heraus.“

Vier neue Glocken für das Westwerk
Eingebettet in den Gottesdienst fand sich die Weihe beziehungsweise Widmung der vier neuen Glocken für die Antoniterkirche. Bereits 2015 wurden in der Eifeler Glockengießerei Mark-Maas in Brockscheid zwei Bronzeglocken für das Gotteshaus hergestellt. Seit Anfang 2016 nehmen sie den Platz der drei Nachkriegsglocken im Dachreiter ein. Die vier im Juli in Brockscheid gegossenen Exemplare sind für den neuen Glockenstuhl im Westwerk vorgesehen. Erstmals soll das nunmehr sechsstimmige Geläut beim Gottesdienst am 3. Sonntag im Advent, 17. Dezember 2017, 10 Uhr, ertönen. Jede einzelne Glocke, wie auch das Vollgeläut, ist klanglich auf die Glocken der umliegenden katholischen Kirchen St. Aposteln, St. Maria im Kapitol und St. Peter abgestimmt. Zukünftig soll es an der Antoniterkirche wieder einen Stundenschlag geben. Zudem sind die Schlaghämmer der vier neuen Glocken über den Spieltisch der Orgel bedienbar und einzeln anschlagbar.

Feierliche Widmung
Die Glocken mögen die Gemeinde zum Gottesdienst und zum Gebet rufen, so Herzberg. Sie sollten zum Frieden mahnen und erinnern, dass all unsere Zeit in Gottes Händen stehe. „Gib, dass diese Glocken allezeit Deine Ehre verkündigen“, betete Ring. Der alt-katholische Bischof war es auch, der in Begleitung Herzbergs die vier im schön geschmückten Holzbock hängenden Glocken mit Chrisam weihte beziehungsweise widmete. Jeder der vier Liturgen nannte nicht nur den Namen und die Inschrift einer der Glocken. Mit einem Hammer führten sie auch die „offiziell“ ersten Schläge an „ihre“ Glocke aus.

Glocken zum Klingen gebracht
Erwartungsvolle Stille herrschte, als Herzberg zum Auftakt die 810 Kilogramm schwere Dreifaltigkeitsglocke (Festglocke, Ton bʹ) zum Klingen brachte. Ihm folgten Ring an der Christusglocke (Sonntagsglocke, 440 kg, Ton cʹʹ), Wartenberg-Potter an der Apostelglocke (290 kg, Ton desʹʹ) und Allen an der mit einem Relief-Portrait Martin Luthers und dem Motiv der Lutherrose geschmückten Reformationsglocke (200 kg, Ton esʹʹ).

Uraufführung von „Klangstück“ für Glocken und Orgel
Viele weitere Male erklang das bronzene Quartett bei der Uraufführung der achtminütigen Komposition „Klangstück“ für Glocken und Orgel. Kai Schreiber hat sie eigens für das Reformationsgeläut und dessen Widmung verfasst. Während Kirchenmusikdirektor Johannes Quack, Kantor der Antoniterkirche, das große Tasteninstrument spielte, standen vier weitere Musiker an den Glocken und entlockten ihnen in unterschiedlichem Takt Töne. Der anhaltende Applaus galt dem Komponisten wie den Aufführenden. Im Gottesdienst am 17. Dezember 2017 soll das „Klangstück“ ein weiteres Mal aufgeführt werden.

Dank an die Wohltäter und Glockengießer
„Wenn man 500 Jahre alt wird, darf ein Geschenk ruhig üppiger ausfallen“, formulierte Herzberg, „und so schenken wir Ihnen und uns allen diese vier Glocken.“ Er dankte den zahlreichen Wohltätern, die mit kleinen, großen und sehr hohen Spenden die notwendigen 130.000 Euro für den Guss der Glocken und die Einrichtung des Glockenstuhls im Westwerk aufgebracht haben. Kirchensteuermittel seien dafür nicht geflossen, betonte Herzberg. „Ohne Euch, ohne Sie wäre das nicht passiert“, zeigte er sich „mächtig stolz“. Eine hohe Kunst sei der Glockenguss gewesen, das Ergebnis sei für „eine Ewigkeit“ geschaffen. Das sei schon etwas Besonderes, zollte er der anwesenden Glockengießmeisterin Cornelia Mark-Maas und ihrem Team seinen Respekt.



Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich