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Projektberichte

24.06.2017
Nachrichten von der Verbandsvertretung
Helga Blümel stellte die Arbeit der Diakonie im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region vor.

Eine Frau aus Syrien verliert auf der Flucht über das Meer ihr einziges Kind, als das Boot kentert; ein Bankkaufmann scheitert beruflich, verliert seine Frau, sucht Trost im Alkohol und landet schließlich auf der Straße, wo er schwer erkrankt; ein Familienvater aus Köln-Lindweiler ist spielsüchtig und depressiv, seine Frau spricht nur sehr schlecht Deutsch und die 11-jährige Tochter hat Probleme in der Schule.

Helga Blümel, Geschäftsführerin der Diakonie, und Stadtsuperintendent Rolf Domning


Am Beispiel von tatsächlichen Schicksalen hat Diakonie-Geschäftsführerin Helga Blümel auf der Verbandsvertretung im Haus der Evangelischen Kirche die Arbeit des Diakonischen Werkes Köln und Region vorgestellt. Hier arbeiten fast 300 Hauptamtliche und rund 200 Ehrenamtliche an etwa 30 Stellen in Köln, im Rheinisch-Bergischen Kreis und im Rhein-Erft-Kreis. Das Diakonische Werk Köln und Region hatte 2016 einen Etat von 11,5 Millionen Euro, davon stammen nur 8 Prozent aus Kirchensteuern.

Perspektiven für Menschen in Not
„Die beschriebenen Menschen finden durch unsere Arbeit Wege, Hilfestellungen und Perspektiven für ihr Leben“, sagte Helga Blümel. Die Syrerin hat dank der guten Kontakte der Flüchtlingsberatung schnell eine Anerkennung in Deutschland erhalten. Mit Hilfe einer Stiftung konnte sie zum Grab ihrer Tochter nach Griechenland reisen und hat in Köln eine Therapie begonnen. Der wohnungslose Mann wurde in die Krankenwohnung des Diakoniehauses Salierring aufgenommen, nach seiner Genesung zog er in das Betreute Wohnen und schließlich in eine eigene Wohnung, blieb mit Hilfe der Suchtberatung trocken und arbeitete bis zu seiner Rente als Hausmeister. Die Familie aus Köln-Lindweiler fand Unterstützung im Arbeitslosen- und Begegnungszentrum „Lindweiler Treff“ und konnte auf der Familienfreizeit zum ersten Mal einen gemeinsamen Urlaub erleben.

Mehr als 60.000 Hilfskontakte pro Jahr
Neben den anschaulichen Fällen präsentierte Helga Blümel auch Zahlen: Mehr als 60.000 Klienten und Hilfskontakte erzielt das Diakonische Werk Köln und Region im Laufe eines Jahres, miteingerechnet die Bahnhofsmission im Kölner Hauptbahnhof, die 37.000 Mal im Jahr Menschen mit Orientierungs- und Mobilitätsproblemen hilft. Der Fachdienst Migration erreicht rund 1.500 Flüchtlinge und Migranten pro Jahr. Die Wohnungslosenhilfe im Diakoniehaus Salierring und im Netzwerk Wohnungsnot im Rheinisch-Bergischen Kreis zählt etwa 11.000 Kontakte jährlich. Mit den Ambulanten erzieherischen Hilfen erreicht das Diakonische Werk im rechtsrheinischen Köln und in Kerpen rund 2.300 Personen. In den Schuldnerberatungsstellen in Köln, Bergisch Gladbach und Brühl werden ebenfalls rund 2.300 Personen beraten; in der Suchtberatung für Alkohol- und Medikamentenabhängige und seit April auch für Glücksspielsüchtige sind es 1.200 Suchtkranke und Angehörige. Das Diakonische Werk Köln und Region unterhält neun Kitas in sozial benachteiligten Stadtteilen und eine in der Kaserne Fliegerhorst, mit insgesamt 600 Kindern aus 25 Nationen.

Vernetzung vor Ort und als Spitzenverband
Für alle evangelischen Kitas und Kita-Zusammenschlüsse des Kirchenverbandes leistet das Diakonische Werk die Fachberatung und die Offene Seniorenarbeit berät und vernetzt Kirchengemeinden. Neben Kitas und Beratungsarbeit gibt es noch stadtteilbezogene Arbeitsfelder wie den Lindweiler Treff, das Seniorennetzwerk Braunsfeld, die Gemeinwesenarbeit in Köln-Holweide und den Familienladen sowie das Jugendhaus „Treffer“ in Köln-Buchheim.
76 Delegierte der Verbandsvertretung nahmen an der Sitzung im Haus der Kirche teil.

Besonders betonte Helga Blümel vor den 76 Mitgliedern der Verbandsvertretung die Spitzenverbandsfunktion, die das Diakonische Werk Köln und Region für alle diakonischen Träger in Köln, im Rhein-Erft-Kreis und im Rheinisch-Bergischen Kreis wahrnimmt. Die diakonischen Träger sind organisiert in den entsprechenden Diakonie Arbeitsgemeinschaften nach dem Diakoniegesetz und können sich bei Problemen an ihren Spitzenverband wenden, der wiederum mit den anderen Wohlfahrtsverbänden sowie in den Kommunen und Kreisen gut vernetzt ist.

Stärkere Vernetzung zwischen Diakonie und Kirchengemeinden wünschten sich sowohl Mitglieder der Verbandsvertretung als auch Helga Blümel. Auch die Frage der künftigen Finanzierung diakonischer Arbeit wird die Verbandsvertretung weiter beschäftigen. Superintendent Markus Zimmermann stellte eine Prioritätendiskussion innerhalb des Evangelischen Kirchenverbandes in Aussicht: „Als höchstes Gremium wird die Verbandsvertretung hier letztendlich die Entscheidungen treffen.“
Pfarrerin Susanne Beuth stelle Argula von Grumbach, eine Frau der Reformation, in ihrer Predigt vor.

Eine Frau der Reformation: Argula von Grumbach
Mit einem Abendmahls-Gottesdienst in der Kartäuserkirche hatte die Sitzung der Verbandsvertretung begonnen. In den Mittelpunkt ihrer Predigt stellte Pfarrerin Susanne Beuth eine Frau der Reformation: Argula von Grumbach ging als Autorin von Flugschriften und Laientheologin in die Geschichte ein. Schon als Zehnjährige bekam die 1492 in Bayern geborene Adelige eine ins Deutsche übersetzte Bibel geschenkt. Mit Interesse verfolgte sie die Auseinandersetzungen der Reformation und las die Schriften Martin Luthers. Ihre mutigen Sendschreiben an Herzöge und Universitäts-Rektoren erreichten tausende Leser weit über Bayern hinaus und hatten für ihre eigene Familie existenzielle Nachteile. Pfarrerin Beuth schloss ihre Predigt mit dem Ausblick, dass die evangelische Kirche auch in 500 Jahren noch existieren wird, wenn sie weiterhin so kluge und selbstbewusste Frauen und Männer hervorbringen würde.

Nachwuchssogen im Pfarramt und in Kitas
Stadtsuperintendent Rolf Domning begrüßte zu Beginn insbesondre den neuen Leiter des Amtes für Presse und Kommunikation Sammy Wintersohl und die neue Leiterin der Telefonseelsorge Pfarrerin Dr. Dorit Felsch, deren Stelle als landeskirchliche Pfarrstelle mit besonderem Auftrag auf zwei Jahre befristet ist. Ebenfalls mit Befristung hat die Verbandsvertretung die Errichtung einer neuen Verbandspfarrstelle beschlossen: Die Evangelische Seelsorge an der Justizvollzugsanstalt Köln soll ab September mit einer Stelle bis voraussichtlich Jahresende 2021 verstärkt werden. Bei den Fragen zu den Jahresberichten der Ämter und Einrichtungen bildeten die Nachwuchssorgen sowohl im Pfarramt als auch in den Kitas einen Schwerpunkt. Helga Blümel wünschte sich mit Blick auf die Erzieherinnen und Erzieher, „dass wir uns auch hier noch mehr vernetzen und Ideen gemeinsam weiter entwickeln, um junge Leute für uns zu begeistern.“

Stichwort Verbandsvertretung
Die Verbandsvertretung ist das Leitungsorgan des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region mit seinen 58 Gemeinden im Rhein-Erft-Kreis, in Köln und im Rheinisch-Bergischen Kreis in den vier Kölner Kirchenkreisen. Zu den Aufgaben der derzeit 105 Delegierten gehört unter anderem der Beschluss des Haushalts. Die Verbandsvertretung tagt zweimal im Jahr, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst.



Text: Martina Schönhals
Foto(s): APK